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Strategiebild oder Graphic Recording. Was genau ist der Unterschied?


Dieses Thema führt immer wieder zu Missverständnissen, weswegen ich es heute einmal aufgreifen möchte und detailliert die Unterschiede dieser Bilder aufzeige.

Manchmal stecke auch ich fest in der Visualisierer-Bubble und bin wieder überrascht, wenn ein Kunde mich für ein Graphic Recording anfragt, aber eigentlich ein Strategiebild meint. Oder umgekehrt. Zugegeben, die Grenzen sind tatsächlich manchmal fließend und das End-Ergebnis sieht teilweise recht ähnlich aus...wenn...ja wenn man nicht auf die nicht unerheblichen inhaltlichen Details schaut. Doch der Reihe nach: 


Eine grobe Einteilung:

  • Ein Graphic Recording ist eine Live-Visualisierung, die fertig ist, wenn das letzte Wort gesprochen worden ist. 
  • Es wird in Workshops, Meetings, Reeden oder Konferenzen eingesetzt und hat das Ziel, Original-Töne in Echtzeit aufzunehmen.
  • Ein Graphic Recording ist niemals wirklich fertig, sondern nur ein Auftakt für ein neues Gespräch.
  • Ein Strategiebild wird in der Regel NICHT live gezeichnet und entsteht mit Korrekturschleifen in Atelierarbeit.
  • Wie der Name schon sagt, ist das ein Bild über eine Strategie. Das kann einen Firmenstrategie, Abteilungsstrategie, ein Weltbild oder auch ein Kuchenrezept oder was ganz anderes sein.
  • Das Bild ist am Ende ein fertig abgestimmtes Bild.

Was haben ein Graphic Recording und ein Strategiebild gemeinsam?

Beide Bilder haben gemeinsam, dass sie gezeichnet werden. Eigentlich ist das auch schon alles, was sie gemeinsam haben. Die Verwirrung entsteht deswegen, weil sich am Ende beide Bilder relativ ähnlich sehen können und es für den Betrachter kaum möglich ist, den Entstehungsprozess am Endprodukt zu erkennen.


Das ist ein digitales Strategiebild:

Das ist ein digitales Graphic Recording:



Ich zeichne sehr sehr selten und nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen ein Strategiebild live. Warum das so ist, erläutere ich später. Hier möchte ich aber einmal zwei Bilder zeigen, die auf Papier entstanden sind. Ein mal eins der ganz seltenen live gezeichneten Strategiebilder und ein mal ein Graphic Recording:

Das ist ein Strategiebild auf Papier im Großformat:

Das ist ein Graphic Recording auf Papier im Großformat:



Man muss also wirklich sagen, dass es auf den ersten Blick kaum möglich ist, den Unterschied zu benennen. 

Aber schauen wir uns die Bilder mal genauer an. Spätestens bei den Textinhalten wird einem klar, dass das Strategiebild wohl überlegt ist und das andere spontan, emotional und nicht konsequent durchgeplant ist und die Inhalte keine Strategie wiedergeben, sondern einen Workshop und eine Konferenz. In den Graphic Recording können auch mal Fehler stehen, sowohl inhaltlich als auch textlich und es spiegeln sich auch negative und kritische Töne wieder, die auf einer Strategie nichts zu suchen haben. 


Das Hauptmerkmal eines Graphic Recording: es ist niemals wirklich fertig.

Ein Graphic Recording kann nicht den Anspruch haben, am Ende ein tolles Bild zu sein mit allen richtigen Inhalten ohne Fehler. Ein Graphic Recording ist lediglich immer ein Auftakt für ein neues Gespräch. Das Ziel einer Live-Visualisierung ist nicht, dass am Ende wirklich alle mit allem einverstanden sind. Es fehlen Korrekturstufen, es fehlt der Feinschliff. Stattdessen zeigt es spontane Stimmungsbilder auf. Da steht auch mal so was, wie "ich habe Angst vor Arbeitsplatzverlust" oder "unter diesen Bedingungen kann ich nicht arbeiten". Genauso wie spontane Äußerungen, Witze oder einprägsame Erlebnisse von der Veranstaltung, wie beispielsweise eine besondere Abendveranstaltung, darauf Platz finden können. 

Ein Graphic Recording entsteht zu 90% spontan und nur rund 10% kann man vorbereiten. Deswegen kann ein Graphic Recording inhaltlich Themen abbilden, die man nicht unbedingt in das Büro hängen möchte. Gibt es zum Beispiel im Unternehmen den Aufruf zum korrekten gendern, der Redner aber nicht gendert, ist auf dem Recording auch nur die männliche Form verwendet. Auch interne Begriffe und Abkürzungen sind in einer Live-Visualisierung nicht immer sauber benannt, wenn der Redner diese so nicht verwendet hat. 

Eine Korrektur ist auf Papier kaum möglich. Es gibt keine Löschen-Taste. Und die meisten Graphic Recordings zeichne ich immer noch auf Papier.

Das ist natürlich bei einem digitalen Graphic Recording auf dem iPad anders. Auf dem iPad kann ich löschen und korrigieren. Aber das macht nur bedingt Sinn, da das Ziel eines Graphic Recordings ja eben ist, die Spontanität einzufangen. Kleinere Textkorrekturen kann man natürlich machen. Aber wenn es große inhaltliche Korrekturen werden sollen, empfehle ich eher die Beauftragung von einem Strategiebild. Oder beides.


Das Hauptmerkmal eines Strategiebildes: es ist sauber abgestimmt und hat Korrekturschlaufen eingeplant.

Ein Strategiebild braucht ein ganz klares Briefing mit einer ganz klaren Auftragsklärung am Ende. Ich habe für diesen Prozess mehrere Blogbeiträge geschrieben. Schauen Sie gerne dort vorbei, wenn es Sie interessiert. 

Das Briefing kann eine Stunde dauern oder auch mehrere Stunden in Form eines Workshops (siehe wieder die o.g. Blogbeiträge dazu). Je nachdem, wo der Kunde in seiner Strategie-Entwicklung steht. Am Ende habe ich mit dem Kunden die Bildidee, die Inhalte und den groben Bildaufbau sauber abgesprochen. Da entsteht nichts mehr spontan. 

Danach zeichne ich das Bild in Atelierarbeit weiter und lege das Bild in diversen Abständen dem Kunden zur Korrektur vor. Deswegen zeichne ich ein Strategiebild in der Regel digital und nicht auf Papier.

Am Ende entsteht ein Bild, was oberflächlich einem Graphic Recording sehr ähnlich sehen kann. Wenn man sich aber in die Inhalte reinzoomt, wird man erkennen, dass dort nichts dem Zufall überlassen ist und die Inhalten "richtig" sitzen.


Ein Strategiebild live gezeichnet. Diese große Ausnahme birgt ein paar Gefahren.

Die größte Gefahr bei einem live gezeichneten Strategiebild ist eine zu hohe Erwartungshaltung an das Bild. Ein Strategiebild mit Korrekturschlaufen ist wesentlich teurer als ein Graphic Recording, weil zeit- und denkaufwendiger. Wenn ich eine Live-Visualisierung mache, können IMMER inhaltliche Fehler in dem Bild sein. Wie oft wird im Workshop was besprochen, was in zwei Stunden schon keine Gültigkeit mehr hat, weil man einen Schritt weiter ist? Aber genau das wird auf dem Live-Graphic Recording drauf sein. Wenn der Wunsch des Kunden ist, dass das live entstandene Bild auf Papier am Ende 1:1 die fertige Strategie wiedergeben soll, muss ich diese im Vorfeld bereits kennen. Spontanität tritt hier in den Hintergrund. Die Strategie kann also während des Workshops nur noch in groben Teilen entwickelt werden. Komplett neu kann sie nicht entstehen, wenn der Wunsch ist, dass mein Bild "richtig" sein soll. Das wäre so, wie ein Lied richtig zu singen, ohne es vorher gekannt zu haben. Geht nicht.

 

Zusammenfassung: Bei einer Live-Visualisierung eines Strategiebildes kann vor Ort nur das WIE aufgenommen werden. Das WAS muss vorher feststehen, damit ich mich vorbereiten kann. Vor Ort kann dann nur noch entschieden werden, wie die Inhalte genau gefüllt werden. Und auch hier muss die Offenheit des Kunden bestehen, dass ein paar Inhalte sich nach zwei Stunden überholt haben, diese aber nun trotzdem auf dem Bild sind.

Die Voraussetzung für eine Live-Visualisierung eines Strategiebildes:

ein richtig gutes und klares Briefing, in der die Strategie bereits fest steht. Und die Bereitschaft des Kunden am Ende doch ein Bild zu bekommen, was ich noch mal überbieten muss, bzw. doch ein "richtiges" Strategiebild zeichnen muss, weil zu viele Stimmen auf dem Bild sind, die am Ende gar nicht darauf gehören. 


Wenn Sie nun Fragen zu Graphic Recording oder Strategiebildern haben oder denken, dass vielleicht die ein oder andere Variante für Ihr Projekt sinnvoll sein könnte, melden Sie sich gerne für ein unverbindliches Gespräch bei mir. 

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